Brief von Nuccia Invernizzi

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“Ich verfolge die Projekte in Sambia schon seit Jahren und fahre persönlich zwei- bis dreimal jährlich dorthin. Ich bin Mitglied des Vorstands der «Zambian Helpers Society», einer sambischen Non-Profit-Organisation, und entscheide mit über die Leitung einer Schule, die von 600 Kindern und 120 Kindergärtnern besucht wird. Neben der Schule mit dem Namen “Lukamantano” – was in der Landessprache “Lass uns gemeinsam etwas tun” bedeutet – gibt es ein kleines Krankenhaus, eine Mühle, eine Schreinerei, eine Schneiderei und ein grosses Stück Land zum Bewirtschaften. Viele von Ihnen fragen sich vielleicht, warum ich in einem so schwierigen Moment unserer Realität das Afrika-Projekt weiterverfolge. Projekte müssen auch in schweren Zeiten weitergeführt werden, denn dann ist es umso wichtiger, das Leben von Menschen zu verbessern, die weniger Glück haben als wir. Afrika ist nicht nur Armut und Traurigkeit

Afrika ist nicht nur Armut und Traurigkeit. Afrika ist ein Ort der Hoffnung. Afrika ist Weite. Afrika ist Licht. Afrika ist ein immenser Ort.

Aber fangen wir von vorne an. Ich bin nicht einfach eines Morgens aufgewacht und habe beschlossen, Afrika zu helfen. Es war keine Liebe auf den ersten Blick. Es war nicht mein Bedürfnis, mein Leben damit zu füllen. Ich war eine glückliche, verliebte Braut. Mein Mann wurde von Eni nach Sambia geschickt, um über die Ausbeutung von Kupfer- und Zinkminen zu verhandeln. Es war 1985. Ich arbeitete währenddessen in Rom in der britischen Botschaft. Die Kommunikation war schwierig und ich war unzufrieden mit meinem Leben. Dann fand ich heraus, dass Eni ein Flugzeug zur Verfügung stellte, welches einmal pro Woche Lebensmittel und Ausrüstung zu den Mitarbeitern in Sambia brachte. Einige von ihnen lebten für viele Monate dort.
Nun, ich nahm das Flugzeug an einem Freitag und dann nahm ich es in vielen weitere Wochen.
So entdeckte ich die blühenden Jakaranda-Bäume und das Staunen der Kinder, die kamen, um meine weisse Haut zu berühren und um mein weiches Haar zu streicheln. Woche für Woche nahm Afrika mich mehr für sich ein.
Als mein Mann bei einem schrecklichen Autounfall ums Leben kam, dachte ich, dass ich als Ausgleich für diesen Tod Leben bringen sollte. Wasser. Ich ging zurück nach Sambia. Ich fand eine Non-Profit-Organisation und mit ein paar Freunden begannen wir, Brunnen zu bauen. Unterstützt von sambischen katholischen Nonnen, begann das Dorf zu wachsen.
Seither sind zwanzig Jahre vergangen und ich fahre immer noch nach Sambia und baue.

Das strategische Ziel war es, die Dinge gemeinsam mit der lokalen Bevölkerung zu tun.
Ihnen zu helfen und nicht einfach alles für sie zu erledigen. Das Ergebnis? Ein bisschen langsam. Auf jeden Fall langsamer, als wenn wir es für sie erledigt hätten. Aber sie hätten nichts dabei gelernt.

Jetzt bietet die Schule 12 Klassen an. Sie ist als Prüfungszentrum staatlich anerkannt. Und das Beste an unserem Projekt: Es ernährt täglich 800 Menschen. Die Schneiderei näht die Schuluniformen, stellt Taschen her, die verkauft werden, und lehrt die Frauen, durch ihre Arbeit unabhängig zu sein. Die Schreinerei stellt Schulbänke her und lehrt die jungen Menschen ein Handwerk. Dann gibt es noch die Mühle, zu der das ganze Dorf kommen kann, um Getreide zu mahlen. Das Mehl ist die Grundlage für die Ernährung der Menschen. Und dann ist da noch das Krankenhaus, in dem antiretrovirale Medikamente an AIDS-Patienten abgegeben werden.
In letzter Zeit konnte ich aufgrund der Covid-Situation nicht mehr nach Sambia fahren. Ich bin jedoch immer in Kontakt mit den katholischen Schwestern vor Ort und habe festgestellt, dass sie auch ohne mich gut zurechtkommen.
Die Ernte ist gut ausgefallen. Die Schwestern waren in der Lage, die Kinder mit Nahrung zu versorgen.
Natürlich gibt es immer noch viele Dinge, die getan werden müssen. Der Fotokopierer in der Schule ist kaputt. Elektrizität wird nur 3 oder 4 Stunden pro Tag bereitgestellt. Solarmodule werden benötigt, um die Motoren der Brunnen zum Wasserschöpfen zu betreiben, die Computer zu nutzen und um ganz allgeimein das Leben normal zu gestalten. Nächstes Ziel: Solarzellen kaufen.

Wir wissen, dass wir ein Tropfen im Ozean sind, aber wir werden es schaffen, eine Blume zum Blühen zu bringen.

Nuccia Invernizzi